CharactersofSeptember Tag 27 – 29: Was macht dein Zuhause zu deinem Zuhause?

Ralyana und ich sind wieder an den Rand ihres Dorfes zurückgekehrt und unser Beisammensein neigt sich langsam dem Ende zu. „Was macht dein Zuhause zu deinem Zuhause?“, stelle ich die vorletzte Frage.

„Das hier.“ Sie vollführt eine ausladende Geste mit ihren Armen auf die ärmlichen Hütten und das fast ausgetrocknete Flussbett im Zentrum . „Das bedeutet mir nichts. Mein Zuhause ist dort, wo meine Freunde sind.“ Ihr Gesicht verzieht sich zu einem warmen Lächeln. „Ich würde überall hingehen, wo Shae hingeht. Sie ist mir von den Alten die Liebste. Ansonsten fühle ich mich noch bei den Jüngeren wohl, bei Oshi, der Schiefen, Muri Einhand und Zara, der Flinken. Sie machen mir das Leben hier erträglich.“

CharactersofSeptember Tag 26: Auf was bist du stolz?

Für den heutigen Beitrag reicht ein Bild :-). Vergesst nicht wählen zu gehen! Und vergesst dabei nicht die Zukunft unseres schönen Planeten und alles, was darauf kreucht und fleucht.

CharacterofSeptember Tag 23 – 25: Was aus deiner Vergangenheit bereust du?

Ralyana und ich streifen durch das karge Gebirge und ich sehne mich immer mehr in den grünen Taunus zurück. Hier gibt es keinerlei Bäume, keinen Busch, nur trockene niedrige Gewächse, die unter meinen Füßen zu Staub zerfallen. Das ist kein Ort, an dem ich leben möchte. „Was aus deiner Vergangenheit bereust du?“, frage ich die schmächtige junge Frau neben mir, die leise ein schwermütiges Lied summt.

„Ich hätte als Kind nicht bei den Ausgestoßenen bleiben dürfen.“

„Wo wolltest du denn hingehen?“

„Zu meinem Vater nach Ousadap. Er ist der Herrscher dort, weißt du?“ Sie bleibt stehen und scharrt mit den nackten Füßen ein paar trockene Grasbüschel zur Seite. „Meine Mutter war schon immer eklig zu mir, auch als ich noch ganz klein war. Sie sagt, dass sie wegen mir von meinem Vater verbannt wurde. Sie sollte ihm einen Sohn schenken, hat ihn aber in der Liebesnacht dominiert und ihn gezwungen, eine Tochter zu zeugen.“

„Daran ist ja dann nicht nur dein Vater schuld“, sage ich vorsichtig. Dazu muss man wissen, dass die Sumeriter eine besondere Biologie besitzen und die Frau das Geschlecht des Kindes bei der Empfängnis bestimmen kann.

„Meine Mutter hasst alle Jäger. Und wollte nicht die Mutter von einem werden. Dafür hat mein Vater ihr ein Auge ausgestochen und sie zu den Alten verbannt.“ Sie schlendert summend weiter, als wäre das Thema für sie damit erledigt.

„Meinst du dein Vater hätte dich aufgenommen?“ Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde, ihre Gleichgültigkeit oder das barbarische Verhalten ihres Volkes.

„Als Kind vielleicht schon.“ Sie bleibt abermals stehen. „Wenigstens hätte er dafür gesorgt, dass ich in irgendeiner Rotte untergekommen wäre. Er hat ja nicht mich verbannt und weiß gar nichts von mir.“

„Warum gehst du denn jetzt nicht mehr zu ihm?“

In ihre Augen tritt Angst. „Wer weiß, was die Jäger mir antun werden? Mit Frauen gehen die anders als mit Kindern um. Schlimmstenfalls hätten sie mich damals hierher zurückgebracht.“

CharactersofSeptember2021 Tag 22: Was magst du an deiner Arbeit? Was magst du nicht daran?

„Was ich an meiner Arbeit mag?“, wiederholt Ralyana meine Frage und kratzt sich am Kopf. „Ich helfe gerne. Besonders Shae, weil sie vom Alter ganz steife Finger hat. Ich mahle für sie das Mehl oder schneide Fleisch klein, damit wir es für die Kalte Zeit trocknen können. Es fühlt sich gut an, wenn ich sehe, dass ich ihr dadurch das Leben leichter machen kann. Dafür erzählt sie mir Geschichten. Wie früher alles gewesen ist, als die Frauen noch die Macht besessen haben. Das ist schön und die Arbeit geht leicht von der Hand.“

„Was magst du nicht?“

„Die Streifzüge mit meiner Mutter.“ Ihr Gesicht verdüstert sich. „Wir verfolgen manchmal Ousadaps Jägerrotten. Wenn wir Glück haben, lassen sie Teile von Tieren für uns zurück. Manchmal auch verletzte Sumaren, die ich dann töten soll. Ich hasse das. Wir schleifen dann die Beute zu unserem Lager. Das ist eine Schinderei, denn die Sumaren sind ganz schöne Brocken.“

CharactersofSeptember2021 Tag 21: Bist du das geworden, was du früher werden wolltest?

Mit Ralyana schleiche ich auf die Rückseite des Dorfes, denn ihre Späher haben Besuch gemeldet, der uns nicht entdecken darf. Sollte ich jetzt nicht lieber Sumas verlassen? Ich weiß, wer da kommt und ich weiß auch, wie unberechenbar sie sind. „Nein“, schimpfe ich mit mir. „Ich darf nicht so feige sein! Außerdem wissen sie ja nicht, dass wir hier sind.“ Um mich zu beruhigen, atme ich mehrmals tief ein und aus: „Bist du das geworden, was du früher werden wolltest?“, flüstere ich kaum hörbar.

Anstatt mir zu antworten, beobachtet Ralyana wie gebannt den Hügelkamm oberhalb des ärmlichen Dorfes.

Bald schon erkenne ich sieben bullige Männer in Lederkleidung, die Armbrüste auf ihren Rücken tragen. Sie sehen verwahrlost aus, mit langen verfilzten Haaren, wild blitzenden Augen und den geschmeidigen Bewegungen von Raubtieren. Bei ihnen befinden sich vier Frauen, an deren unterwürfigen Blicken ich deutlich erkenne, wer hier das Sagen hat. Hüfthohe affenähnliche Kreaturen mit spitzen Zähnen springen aufgeregt um sie herum, teilweise mit bräunlich verfärbten Bündeln beladen.

„Ousadaps Söhne“, zischt Ralyana. „Sie kommen aus der Stadt in der Ebene, um uns neuen Zuwachs zu bringen.“

Das ist also eine der Jägerrotten mit ihren Jagdgefährten, den Sumaren. Einer der Männer gibt einer grauhaarigen gebeugten Alten einen kräftigen Stoß in den Rücken. Während die Frau ein Stück den Hügel hinunter stolpert, lässt er seinen Blick prüfend über die geduckten Hütten unterhalb schweifen. Die Mulde in meinem Rücken kommt mir plötzlich so winzig vor, der Ort wie eine Falle. Warum bin ich nochmal hier geblieben? Doch der Kerl verliert rasch das Interesse, brummt seinen Leuten etwas zu, worauf die Sumaren ihre Bündel abladen und sich die Meute wieder entfernt. Die Dorfbewohner strömen den Hügel hinauf, scharen sich um die Bündel und die Neue, die gebeugt und mit hängendem Kopf stehengeblieben ist.

„Wenn sie jemand hier abladen, bringen sie auch ein paar Almosen mit“, sagt Ralyana bitter. „Meist zähes Fleisch von irgendeinem ihrer an Altersschwäche gestorbenen Bullrocks. Doch wir sind über alles froh.“

„Was wolltest du früher einmal werden?“, wiederhole ich die Frage und atme erleichtert aus.

„Ich wollte immer zu einer der Rotten gehören.“

„Zu einem dieser wilden Haufen und rohen Mannsbilder?“

Sie blitzt mich wütend an. „Bei denen hungert man wenigstens nicht und wird beschützt. Außerdem darf man die kalte Zeit in der Stadt verbringen. Ich könnte Kinder kriegen. Aber keiner der Jäger weiß, dass es mich gibt. Ich bin hier geboren, musste mich immer verstecken. Meine Mutter sagt, die Jäger seien alles Bestien und ich muss mich von ihnen fernhalten.“ Sie wiegt nachdenklich den Kopf. „Ich kann das nicht glauben. Nicht alle von denen können bösartig sein.“