Weltenbau und ein vertonter Textschnipsel aus ALKATAR

Während draußen triste Dämmerung und Nieselregen herrschen, sitze ich auf dem Sofa und bastle an meiner Geschichte Tiamat-Bruderkrieg weiter. Beim Schreiben habe ich gemerkt, dass mein Weltenbau noch nicht ausreicht. Es fehlen die Kleinigkeiten, die eine Geschichte lebendig machen, wie das Aussehen einzelner Häuser, Parks, die Freizeitbeschäftigung der Bewohner. Was sieht mein Protagonist, wenn er durch die Stadt läuft? Spielen dort Kinder? Welche Wesen interagieren miteinander? Und warum? Welche Transportmöglichkeiten gibt es? Wie gelangen die Bewohner an ihre Bedarfsgüter? Wer stellt sie her? Wer ist verantwortlich für die Planung des Nachschubs? Das sind alles wichtige Fragen für mich, besonders bei einer Gesellschaftsform, die nicht auf Wettbewerb und Konsum ausgerichtet ist.  Erst wenn in meinem Kopf ein lebendiges stimmiges Bild entsteht, wird es auch der Leser fühlen können.

Außerdem freue ich mich über einen vertonten Textschnipesl aus ALKATAR. Ich habe mich beim Sprechenden Adventskalender von Sylvia Bommes Schneider beworben. Sie ist Moderatorin, Autorin und Sprecherin. Und habe doch tatsächlich gewonnen! Gestern war mein Textschnipsel auf Instagram bei ihr zu hören gewesen. Toll hat sie das gemacht und natürlich wollte ich euch das nicht vorenthalten.

Vielleicht erinnert ihr euch ja, aus welchem Buch der Textteil stammt.

 

 

CharactersofSeptember Tag 30: Welches Ziel möchtest du unbedingt erreichen?

„Ziel? Ich habe kein Ziel.“ Ralyana sitzt auf dem steinigen Boden, die mageren Arme um ihre Knie geschlungen und sieht mich mürrisch an.

Also gut, dann muss ich es wohl anders formulieren: „Wie würdest du dein Leben verändern, wenn du es könntest.“

„Was für eine dämliche Frage“, motzt sie. „Natürlich würde ich eine neue Sippe nach alten Regeln gründen mit mächtigen Jagdformationen, in denen Frauen und Männer sich wieder ergänzen und zusammen sogar einen Manturen erlegen können. Doch das ist unmöglich. Sowohl die alten Jagdtechniken als auch die telepathische Verständigung ist verlorengegangen.  Das weiß ich von Shae. Kein Jäger würde sich den Frauen heute unterordnen. Sie verkriechen sich lieber in der Stadt, unterjochen uns und geben sich damit zufrieden, mit ihren verwilderten Rotten ein paar lahme Sadosos oder Bullrocks zu erlegen. Warum auch sollten sie freiwillig ihre Macht abgeben?“

„Man sollte seine Träume nie aufgeben“, sage ich leise. „Sonst wird die Welt noch farbloser.“

„Ach, was.“ Sie steht abrupt auf. „War es das?“

Für einen Moment bin ich versucht, ihr zu sagen, dass ihr da jemand in den Weg stolpern wird, aber das würde sie beeinflussen. Manchmal reicht eine Person, um die Zukunft zu ändern. Stattdessen sage ich: „Ja,  und danke, dass du mitgemacht hast.“

Sie nickt mir zu, wendet sich ab und ich beobachte, wie sie leichtfüßig den Hang hinab in ihr Dorf läuft.

CharactersofSeptember Tag 27 – 29: Was macht dein Zuhause zu deinem Zuhause?

Ralyana und ich sind wieder an den Rand ihres Dorfes zurückgekehrt und unser Beisammensein neigt sich langsam dem Ende zu. „Was macht dein Zuhause zu deinem Zuhause?“, stelle ich die vorletzte Frage.

„Das hier.“ Sie vollführt eine ausladende Geste mit ihren Armen auf die ärmlichen Hütten und das fast ausgetrocknete Flussbett im Zentrum . „Das bedeutet mir nichts. Mein Zuhause ist dort, wo meine Freunde sind.“ Ihr Gesicht verzieht sich zu einem warmen Lächeln. „Ich würde überall hingehen, wo Shae hingeht. Sie ist mir von den Alten die Liebste. Ansonsten fühle ich mich noch bei den Jüngeren wohl, bei Oshi, der Schiefen, Muri Einhand und Zara, der Flinken. Sie machen mir das Leben hier erträglich.“

CharactersofSeptember Tag 26: Auf was bist du stolz?

Für den heutigen Beitrag reicht ein Bild :-). Vergesst nicht wählen zu gehen! Und vergesst dabei nicht die Zukunft unseres schönen Planeten und alles, was darauf kreucht und fleucht.

CharacterofSeptember Tag 23 – 25: Was aus deiner Vergangenheit bereust du?

Ralyana und ich streifen durch das karge Gebirge und ich sehne mich immer mehr in den grünen Taunus zurück. Hier gibt es keinerlei Bäume, keinen Busch, nur trockene niedrige Gewächse, die unter meinen Füßen zu Staub zerfallen. Das ist kein Ort, an dem ich leben möchte. „Was aus deiner Vergangenheit bereust du?“, frage ich die schmächtige junge Frau neben mir, die leise ein schwermütiges Lied summt.

„Ich hätte als Kind nicht bei den Ausgestoßenen bleiben dürfen.“

„Wo wolltest du denn hingehen?“

„Zu meinem Vater nach Ousadap. Er ist der Herrscher dort, weißt du?“ Sie bleibt stehen und scharrt mit den nackten Füßen ein paar trockene Grasbüschel zur Seite. „Meine Mutter war schon immer eklig zu mir, auch als ich noch ganz klein war. Sie sagt, dass sie wegen mir von meinem Vater verbannt wurde. Sie sollte ihm einen Sohn schenken, hat ihn aber in der Liebesnacht dominiert und ihn gezwungen, eine Tochter zu zeugen.“

„Daran ist ja dann nicht nur dein Vater schuld“, sage ich vorsichtig. Dazu muss man wissen, dass die Sumeriter eine besondere Biologie besitzen und die Frau das Geschlecht des Kindes bei der Empfängnis bestimmen kann.

„Meine Mutter hasst alle Jäger. Und wollte nicht die Mutter von einem werden. Dafür hat mein Vater ihr ein Auge ausgestochen und sie zu den Alten verbannt.“ Sie schlendert summend weiter, als wäre das Thema für sie damit erledigt.

„Meinst du dein Vater hätte dich aufgenommen?“ Ich weiß nicht, was ich schlimmer finde, ihre Gleichgültigkeit oder das barbarische Verhalten ihres Volkes.

„Als Kind vielleicht schon.“ Sie bleibt abermals stehen. „Wenigstens hätte er dafür gesorgt, dass ich in irgendeiner Rotte untergekommen wäre. Er hat ja nicht mich verbannt und weiß gar nichts von mir.“

„Warum gehst du denn jetzt nicht mehr zu ihm?“

In ihre Augen tritt Angst. „Wer weiß, was die Jäger mir antun werden? Mit Frauen gehen die anders als mit Kindern um. Schlimmstenfalls hätten sie mich damals hierher zurückgebracht.“