Aprilsettings Tag 3: Spielt der Schauplatz eine entscheidende Rolle für deine Geschichte? Wenn ja, welche?

Ich stehe auf unserem Wochenmarkt auf dem Marktplatz, umringt von schmucken Fachwerkhäuschen. Es ist eine skurrile Schlange, in der ich stehe, alle Personen einzeln, alle im Abstand von zwei Metern. Die Schlange geht vom kleinen Markt bis weit die nächste Straße hoch. Die Frau vor mir trägt Mundschutz, hustet. Die Verkäufer des Gemüsestandes wirken freundlich bemüht und angespannt. Ich wünsche mich fort von diesem potentiellen Ansteckungsort, fort in die Einsamkeit der Natur. Da sehe ich Alkatar die Straße überqueren und er winkt mir zu. Ich verlasse den Markt, einerseits froh darüber, dieses seltsame Szenario verlassen zu können, andererseits mit Bedauern, weil ich vergeblich gewartet habe. Doch ich wollte doch die Challenge weitermachen und bin froh, dass Alkatar nun endlich da ist. Ich beeile mich, damit er nicht soviel Aufmerksamkeit erregt, denn er ist jemand, der Blicke auf sich zieht, ein Hüne mit natürlicher Dominanz. Zudem passt seine schwarze Lederkleidung nicht ganz hierher und ich muss zwanghaft an einen Silberrücken bei den Berggorillas denken.

„Du willst nicht über euren Virus reden und dann muss ich dich hier abholen“, sagt er vorwurfsvoll. Zielstrebig führt er mich in unseren Garten, wo er sich diesmal auf die Bank unter dem Kirschbaum setzt. „Wir haben auch einen Markt auf Sumas, den Tauschkoben in Ousadap, der Stadt der Heimatlosen. Einst haben die Sippen dort Nachwuchs für ihre Jagdformationen rekrutiert und Gegenstände getauscht, wie etwa Felle gegen Stoffe oder Waffen.“ Er schiebt mit seinem Fuß den Waldmeister zur Seite, der schon fleißig austreibt. „Doch im letzten Teil der Geschichte, nach meiner Rückkehr, hat sich sogar das verändert.“

„Was spielt Sumas für eine Rolle für dich?“

„Sumas hat meine Persönlichkeit geprägt.“ Er beugt sich nach vorne, stützt die Ellenbogen auf die Oberschenkel und fixiert die Rose vor sich, den frischen rötlichen Austrieb der jungen Blätter.“ Es ist der Ort, an den wir Sumariter uns angepasst haben. Unsere Instinkte, unsere telepathischen Fähigkeiten und unsere ausgeprägten Sinne sind für diese Welt gemacht. Ihr würdet unser Leben wild und primitiv nennen, aber wir haben alles, was wir zum Leben benötigen. Wir leben in Sippen, jagen in geistiger Einheit mit den Sumaren, über die wir telepathisch gebieten. Es ist eine Art Symbiose. Entreißt man uns unserer Heimat, dann fehlt uns ein Stück.„ Er fasst sich an die Brust. „Ich war lange Zeit von meiner Heimat getrennt und die Sehnsucht nach ihr war unerträglich.“

„Aber genau das hat dich zu einem außergewöhnlichen Wächter und Heerführer des Interplanetaren Bundes gemacht.“

„Mag sein.“ Er sieht mich nun direkt an, auf seine eindringliche Art, die bis in die Seele vorzudringen scheint. „Ich war für fremde Völker von Nutzen, aber nicht für mein Volk, nicht für meine Welt. Doch wie ich hoffe, wirst du das jetzt ändern.“

Klingt da eine unterschwellige Drohung in seinen Worten mit? Kann sich ein Autor von seinem Protagonisten erpressen lassen?

 

Anja Fahrner - Autorin
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