Warum das Schreiben ohne Regeln bei mir nicht zum gewünschten Ergebnis führte – ein Erfahrungsbericht

Da ich ja mein Alkataruniversum geträumt habe, (siehe am Anfang steht die Idee) habe ich natürlich einfach drauflos geschrieben. Und es kamen so viele Ideen. Mein Kopf schien vor Ideen explodieren zu wollen. Mein Universum war riesig. Während des Schreibens gab es immer mal wieder knifflige Situationen, aus denen ich mich herauswinden musste und die Geschichte nahm überraschende Wendungen.

Schließlich hatte ich ein dreibändiges Werk vor mir, aber ich hätte ewig so weiter schreiben können. Jedenfalls dachte ich, jetzt sei endlich die Zeit für eine Bewerbung bei Verlagen und Agenturen gekommen. Ich hatte meine Texte sogar lektorieren lassen, habe dadurch viel über Sprachebenen, Orthografie und andere Dinge gelernt. Aber nichts über den korrekten Aufbau eines Romans.
Also habe ich mich mit meinem Mammutwerk bei Agenturen beworben, meist mit direkter Standardabsage als Antwort, wie zu erwarten war. Damals hat man die Leseprobe noch als lose Blätter weggeschickt, mit einer Schnur gebunden. Als meine Briefe zurückkamen, habe ich bemerkt, dass sich viele noch nicht einmal die Mühe gemacht haben, meinen Text zu sichten. Das sah ich an der Schleife, die ich auf eine spezielle Art zu binden pflege und die noch genauso war, wie ich sie fortgeschickt hatte. Wahrscheinlich war schon mein Exposé unstrukturiert und abschreckend.

Die Ernüchterung

Dann kam der Anruf einer bekannten Lektorin einer namhaften Agentur – und ich schöpfte Hoffnung. Man habe meine fünfzigseitige Leseprobe gelesen und wolle mehr. Doch bereits beim ersten Telefonat zerbröckelte meine Freude. Ich wurde überschüttet mit Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Eine Auswahl:

– Was ist das äußere und das innere Thema Ihres Buches? Jeder Autor habe ja ein bestimmtes Thema, was sich in seinen Texten wiederhole. (Dazu hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht).
– Haben Sie Ihre Figuren schriftlich ausgearbeitet? (Ich hatte eine kleine Datei mit körperlichen Merkmalen und so angelegt).
– Ist jedes Ihrer drei Bände in sich abgeschlossen? (Das waren sie nicht).
– Wollen Sie unter einem Pseudonym veröffentlichen? (Das war mir zur damaligen Zeit eigentlich völlig gleichgültig)
– Eine Liste von Büchern folgte. Ob ich sie gelesen hätte? (Ein paar hatte ich, ein paar nicht. Im Nachhinein habe ich mir überlegt, ob sie prüfen wollte, ob ich mir meine Ideen daraus geklaut habe. Aber ich habe ja nicht geklaut, ist ja alles im Traum erschienen, den ich nur beim Schreiben lebhaft ausgeschmückt hatte).

Die nette Dame gab mir noch eine Chance und forderte den kompletten ersten Band nebst einer Karte an, die ich gezeichnet hatte. Also irgendetwas an meinem Schreibstil muss ihr dann doch gefallen haben. Ich solle keine andere Zusage machen, musste ich ihr versprechen, solle warten, bis sie das Werk gesichtet habe. Sie müsse auch genau wissen, bei welchen Verlagen ich mich beworben habe und welche Art von Absagen gekommen seien, damit sie wisse, wo sie mein Werk noch anbieten könne. Also mein Tip für Bewerbungen. Klappert nicht gleich alle Verlage ab, denn dann ist euer Text „verbrannt“. Probiert es vielleicht erst einmal bei Agenturen, denn die Ablehnung dort hat keine Konsequenzen.

Sie las mein fast 500 Seiten schweres Buch am Wochenende.

Ein weiteres Telefonat folgte, was erst einmal einen Schlussstrich unter meinen unendlichen Schreibfluss gezogen hat.

Die Erkenntnis

„Ihre Figuren sind zu flach und das Buch hat keinen Schluss.“ Viele Szenen waren nicht handlungsführend. Die Perspektivenwechsel hatte ich wohl ganz gut hinbekommen.
Eine ganze Stunde nahm die Lektorin sich am Telefon für mich Zeit, in der sie meine Fehler analysierte. Es waren eine Menge Fehler.
Dann kam die alles vernichtende Frage. Haben Sie sich mit dem Schreibhandwerk beschäftigt? Das hatte ich natürlich nicht. Sie riet mir, erst einmal Schreibratgeber zu lesen, bevor ich weitermachen würde. Danach könne ich mich noch einmal melden.
Nachdem sie aufgelegt hatte, saß ich wie erschlagen mit der Erkenntnis da, dass mein gesamtes Werk im Grunde völliger „Schrott“ war, Schrott, den man unmöglich wieder geradebiegen konnte. Ich war frustriert. Alles umsonst. Vielleicht nicht ganz, ich bin flüssiger und geschickter im Formulieren geworden.
Ich bin der Lektorin jedenfalls dankbar. Ich hätte sonst bis in alle Unendlichkeit planlos weiter geschrieben.

Ich las Schreibratgeber und absolvierte einen Onlineworkshop.

Eine komplett neue Geschichte, ein neuer Bewerbungsversuch: Eine Bewerbung – eine ZUSAGE!

Anja Fahrner - Autorin
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