CharacterofSeptember2021 Tag 5: Glücklichste Kindheitserinnerung

Trotz des Schattens, den der Felsten mir spendet, klebt mir die Kleidung schweißnass am Körper. Ralyana reicht mir eine Blase, deren lauwarmer Inhalt in meinen Händen hin und her schwappt. Ich nehme einen tiefen Schluck von der nach Algen schmeckenden Brühe und versuche die Tatsache zu ignorieren, dass diese Blase aus den Innereien irgendeines Tieres gemacht wurde. Hoffentlich liegt in dem Bach, aus dem das Wasser stammt, kein Tierkadaver oder irgendwelche Ausscheidungen. „Was ist deine glücklichste Kindheitserinnerung?“, lenke ich mich von den unangenehmen Gedanken ab.

„Glücklichste Kindheitserinnerung?“ Sie blickt angestrengt in den klaren Himmel, an dem die Sonne sich kaum vom Fleck zu rühren scheint. Dann erstrahlt ihre Miene in einem wohligen Lächeln. „Das war, als ich das Manturenfell geschenkt bekommen habe. Ja, da bin ich glücklich gewesen.“ Sie sieht mich nun direkt an. „Ich bin die einzige hier, die noch ein Manturenfell besitzt“, sagt sie stolz. „Das ist etwas Besonderes. Nicht so wie die Felle der Sumaren, durch die man die Kälte und jeden Stein spürt, wenn man darauf schläft. Besonders in der kalten Zeit. Das Manturenfell ist so warm und weich.“ Gedankenverloren streichelt sie über einen bemoosten Stein.

„Wer hat es dir denn geschenkt?“ Bei den Manturen handelt es sich um gigantische Echsen, vielleicht vergleichbar mit einem langhaarigen, vierbeinigen Tyrannosaurus, die in der warmen Zeit in der Ebene und in der kalten Zeit in den Schluchten leben.

„Das war Marise, eine der Alten, genauso alt wie Shae.“ Sie deutet in das Tal auf eine halbverfallene Hütte. „Da hat sie gelebt. Ich habe ihr manchmal geholfen und als sie auf dem Sterbebett lag, hat sie mir das Fell geschenkt. Sie sagte, das habe noch ihre Sippe erjagt, in einer Zeit als die Frauen noch die Macht besessen und es genügend Fleisch zu essen gegeben habe. „

CharacterofSeptember2021 Tag 1: Bitte stell dich uns vor

Für die diesjährige Challenge meiner Autorenkollegin Gabi Büttner habe ich mir einen besonderen Gast ausgesucht, Ralyana aus dem Abschlussband der ALKATAR -Tetralogie, der im Juli erschienen ist.

Ich besuche die junge Frau in ihrer eigenen Welt, auf Sumas, dem kargen Planeten, den einige von euch vielleicht noch aus dem ersten Band kennen. Ralyana zu  mir nach Hause einzuladen, traue ich mich nicht, denn das wäre dann doch ein allzu großer Kulturschock für sie.

Wir haben einen Treffpunkt abseits ihrer Siedlung ausgemacht, auf einem felsigen Hügel. Ich blicke Ralyana entgegen, wie sie leichtfüßig über den steinigen Boden läuft. Barfuß. Ihre Kleidung wirkt zerlumpt, ihre Haut schmutzig und die Haare strähnig. Am Himmel brennt die Sonne und treibt mir den Schweiß aus allen Poren und sogar der laue Wind bringt keinerlei Abkühlung. In der Ferne erkenne ich eine braune Ebene, über die feine Staubwolken wehen.

„He!“ Ralyana bleibt vor mir stehen und blickt mich unsicher an. „Hier bin ich also.“

Ich nicke ihr freundlich zu. „Schön, dass du gekommen bist. Stell dich bitte uns vor.“

„Ich bin Ralyana.“ Sie verzieht das Gesicht. „Eigentlich bin ich nichts Besonderes und da, wo ich wohne, würde es dir nicht gefallen. Ich weiß gar nicht, warum du mich gewählt hast. Ich interessiere doch niemand.“

Ich lächle ihr aufmunternd zu. Sie ist etwas Besonderes, aber das kann ich ihr noch nicht sagen. Und ja, der Ort, an dem sie wohnt, ist wirklich nicht schön. Aber dazu kommen wir später, wenn es mir gelingt, einen Blick in ihr Dorf zu werfen.