[Rezension] „Alkatar“ von Anja Fahrner auf Buchstabenträumerei

Zu Buchstabenträumerei

Wie es der Zufall so wollte, führte ein Interview dazu, dass ich „Alkatar“ von Anja Fahrner las. Darin fragte mich die Autorin Mika M. Krüger: „Wenn du einem Autor sagen könntest, was er für dich schreiben soll, was wäre das?“ Meine Antwort:

Ein Buch über einen jungen Erwachsenen, der zu viel an sich selbst zweifelt, und das Leben aus lauter Angst zu versagen an sich vorbeiziehen lässt. Natürlich katapultiert ihn etwas aus dieser Misere, sei es ein anderer Mensch, oder eine Ausnahmesituation, oder auch etwas Magisches. Die Geschichte könnte sich in viele Richtungen entwickeln, von einer Liebesgeschichte bis hin zur Dystopie. Aber eine psychologische Charakterstudie würde ich mir wünschen. Und bitte kein kitschiges Happy End.

Und genau so eine Geschichte hat Anja Fahrner geschrieben. Ich war ziemlich sprachlos, als ich ihre E-Mail erhielt, in der sie mir die Handlung von „Alkatar“ vorstellte. Alles passte so wunderbar zusammen! In meiner Rezension erfahrt ihr, wie mir der Roman gefiel.

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Über „Alkatar“

2030 – Die Menschen haben die Erde an den Rand einer Katastrophe gebracht, doch jenseits unseres Sonnensystems ist diese Entwicklung nicht unbemerkt geblieben.
Die Laurasier, entfernte Vorfahren der Menschen, starten eine verborgene Rettungsaktion, um den Fortbestand der menschlichen Spezies zu sichern: Freiwillige sollen auf dem erdähnlichen Planeten Zadeg einen Lebensweg im Einklang mit der Natur erlernen.
Doch der Verantwortliche der Mission, der laurasische Heerführer und Telepath Alkatar, wird schon bald mit den Abgründen der menschlichen Natur konfrontiert. Als ein intergalaktischer Krieg Zadeg von der Außenwelt abschneidet, setzt sich eine dramatische Entwicklung in Gang …

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Copyright und Klappentext: EMMERICH Books & Media
Preis:
 15,00 Euro

Format: Taschenbuch

ISBN: 978-1533142801

Erschienen: 17. Juni 2016
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„‚Ihr habt euch in die Abhängigkeit eines gefräßigen Wirtschaftssystems begeben, das euch eure Lebensgrundlage entzieht, euren Planeten zerstört, Lebewesen quält, nur um effektiver nutzlose Dinge zu produzieren, die ihr glaubt zu benötigen, um euch von eurem sinnentleerten Leben abzulenken.’“

Wann immer ich dieses Zitat lese, bekomme ich eine Gänsehaut, denn sind die Lebensumstände heute nicht schon genau so? Dieses Zitat fasst den zentralen Punkt in der fantastischen Dystopie von Anja Fahrner zusammen. Die Menschen haben die Erde zerstört, sie ist radioaktiv verstrahlt, die Zukunftsaussichten sind ernüchternd und Arbeitslose werden ausgegrenzt. In dieser Welt wächst Stefa auf, eine ängstliche Jugendliche, die sich immer in die Obhut ihres großen Bruders Heinrich flüchtet.

Sie lernt der Leser jedoch erst recht spät im Buch kennen. Zuerst dreht sich alles um Alkatar. Wir lernen seine Heimat kennen, erfahren viel über das Zusammenleben der Laurasier und deren Umgang mit der Natur. Für sie hat ein harmonisches Miteinander den höchsten Stellenwert im Leben. Die ausführliche Vorstellung einer anderen Lebenswelt war faszinierend, allerdings zog sich dieser Teil der Geschichte für meinen Geschmack etwas zu sehr in die Länge.

Im weiteren Verlauf des Buches prallen beide Welten aufeinander. Einige Menschen dürfen auf Zadeg ein neues, nachhaltiges Leben zu beginnen, angeleitet von Alkatar. Da die verschiedensten Charaktere aufeinander treffen, entstehen schnell Konflikte, die die gesamte Mission gefährden. An diesem Punkt wurde „Alkatar“ für mich regelrecht schmerzhaft zu lesen, da man als Leser schon ahnt, worauf es hinauslaufen wird. Einige Menschen scheinen nicht lernfähig zu sein, sie werden beherrscht von Gier und dem Streben nach Macht. Prozesse, die sich auch in unserer Realität wiederspiegeln.

Trotz einiger vorhersehbarer Entwicklungen, überraschte mich Anja Fahrner mit ihrem Ideenreichtum. Denn vor allem im letzten Drittel wird die Geschichte enorm nervenaufreibend und spitzt sich gnadenlos zu. Ich legte immer wieder Pausen ein, um mich zu sammeln und wollte zeitweise am liebsten ins Geschehen einschreiten und gewissen Charakteren gründlich den Kopf waschen. Dementsprechend empfand ich das Lesen des Endes als fordernd, aber sehr wirkungsvoll.

Charaktere

„Die Angst vor ihrer eigenen Angst schnürte ihr die Kehle zu, brachte ihr Herz dazu, wie ein Vorschlaghammer in ihrer Brust zu schlagen.“


Die Protagonisten Stefa und Alkatar machen beide eine große Verwandlung durch. Stefa ist anfangs überaus ängstlich und fürchtet sich sogar vor ihrer eigenen Angst. Sie ist dadurch in ihrem Handlungspielraum stark eingeschränkt und lässt sich von ihrem Bruder Heinrich leiten. Ihm vertraut sie bedingungslos. Erst nach ihrer Ankunft auf Zadeg und zahlreichen kritischen Erlebnissen, wachsen ihr Selbstbewusstsein und ihre Stärke.

Alkatar macht eine fast gegenläufige Entwicklung durch. Er ist anfangs zwar empfindsam, aber auch rebellisch und voller Sehnsucht, seinem Leben zu entfliehen. Er ist mutig und stark und möchte sich nicht den bestehenden Mustern unterordnen. Im Kontakt mit den Menschen und ihren fragwürdigen Zielen zeigt sich dann jedoch seine Schwäche, die immer mehr von ihm Besitz zu ergreifen droht. Die Autorin hat beide Charaktere sehr gut zum Leben erweckt.

Der Charakter, der bei mir jedoch am nachhaltigsten einen Eindruck hinterlassen hat, ist Heinrich. Er ist sehr präsent und ungeheuer unangenehm, dabei aber durchaus charismatisch.

Schreibstil


Die Fantasy-Dystopie lässt sich flüssig und gut lesen, da Anja Fahrner sich nicht in extravaganten Bildern verliert. Angesichts fremder Welten ist das unter Umständen verlockend, hier werden die Lebensumstände und Lebewesen aber mit einer wunderbaren Selbstverständlichkeit beschrieben, die es dem Leser leicht macht, in die Geschichte hineinzufinden. Einziger Wermutstropfen waren Fehler, die sich häufiger einschlichen. Ich kann über so etwas gut hinweglesen, doch manche mag das stören.

Fazit


„Alkatar“ bietet eine spannende Mischung: Eine beinahe schon realistische Dystopie, gespickt mit fantastischen Elementen. Ich wurde mitgerissen und fieberte dem Ende entgegen. Einzig einige Längen zu Beginn haben mich ein wenig gestört, zum Ende hin war „Alkatar“ aber ein echter Pageturner.

Bewertung: 4 von 5.
Anja Fahrner - Autorin
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