#Oktoberchallenge: Protagonisten plaudern über ihren Autor 3

Diesmal hat mich General Hagas in sein Arbeitszimmer in die Kaserne Kyrap eingeladen, in seinen protzigen Raum mit den schweren Möbeln und einem Arbeitstisch, auf dem man tanzen könnte. Akten sind dort gestapelt, eine Menge Akten.
„Das steht dir gut“, sagt der General schmunzelnd und schreitet zum Fenster, von dem man Blick auf den Kasernenhof hat. Soldaten marschieren im Gleichschritt unterhalb vorbei, Befehle erklingen.
Ich fühle mich unwohl in diesem dämlichen Kleid, einem bauschigen dunkelroten, unpraktischen Ding. Ich trage fast ausschließlich Jeans, weil mich Röcke nerven. Bei unserem engen Gartenweg bleibt man damit überall hängen und vernünftig arbeiten kann man darin auch nicht. Doch hier gibt es keine Frauen in Hosen.
„Meine Männer haben Disziplin“, sagt er mit einem verstohlenen Seitenblick zu mir.

Ich weiß, auf was er hinaus will. Warum habe ich eigentlich ihm die Beantwortung der Fragen überlassen?
„Du kommst weder morgens aus dem Bett noch abends ins Bett. Bis du in die Gänge kommst, ist es ja fast schon Mittag. Dann vertrödelst du zu viel Zeit in dieser komischen Welt, wo sich keiner wirklich begegnet. Wenn meine Männer so arbeiten würden wie du, dann hätten uns die Simplen schon längst ausgerottet.“ Er lächelt nachsichtig. „Doch du bist ja eine Frau, da wollen wir ja nicht so streng sein.“
Warum habe ich in seiner Gegenwart bloß immer das Bedürfnis, ihm an den Hals zu springen, um ihn zu erwürgen? Doch er hat recht. Ich bin ein ausgesprochenes Morgenmuffel. Je früher ich raus muss, desto weniger kann ich beim Frühstück jemand ertragen, der mich frohgemutes in ein Gespräch verwickeln will. „Mein Tag ist nur etwas verschoben“, erwidere ich ein wenig trotzig. „Der Nachmittag gehört der Selbstversorgung und der Abend dem Schreiben. Ich arbeite noch, wenn Eure Männer brav in ihren Bettchen liegen, General.“
„Ah, so.“ Seine Augen funkeln amüsiert.
Er nimmt mich nicht ernst. Frauen sind hier nur schmückendes Beiwerk, Zuchtstuten oder Arbeitstiere. Eine eigene Meinung dürfen sie selten haben.
„Jedenfalls brauchst du meiner Meinung nach keine weitere Entspannung. Dein Leben ist schon Entspannung genug. Zwei Tage in der Woche vagabundierst du durch den Taunus.“
„Das nennt sich Sport, General.“
„Sport, meinst du?“ Er verzieht abfällig das Gesicht. „Wozu benötigen Frauen Sport? Naja, egal. Und du starrst Löcher in die Luft.“
„Ich denke nach. Ihr lasst mir ja keine Ruhe.“
„Aha. So nennst du das. Du solltest mehr schreiben.“
Da hat er ausnahmsweise mal recht.
„Und mehr lesen.“
Ja, das kommt bei mir auch ein wenig zu kurz. Meist lese ich nur abends im Bett, kurz vor dem Schlafen.

Anja Fahrner - Autorin
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